Als Versicherungsübersetzer übersetzen wir das sperrige Versicherungsdeutsch in eine Sprache, die jeder versteht. Und heute geht’s um ein besonders hartnäckiges Wort: Obliegenheiten. Klingt wie eine lästige Pflicht, um die man sich am liebsten gar nicht kümmern möchte – ist aber tatsächlich ein zentraler Bestandteil fast jedes Versicherungsvertrags.
Was sich dahinter verbirgt, ist schnell erklärt: Wer eine Versicherung abschließt, verpflichtet sich dazu, im Ernstfall bestimmte Dinge zu tun – oder zu lassen. Diese Pflichten nennt man Obliegenheiten. Sie regeln zum Beispiel, wie schnell ein Schaden gemeldet werden muss, welche Vorschriften eingehalten werden müssen oder wie man sich im Schadenfall verhalten soll. Und sie entscheiden oft darüber, ob eine Versicherung zahlt oder eben nicht.
Jetzt hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine Entscheidung getroffen, die für Millionen Versicherungsnehmer wichtig ist – und lange erwartet wurde. Es ging um eine umstrittene Klausel, die in vielen Versicherungsverträgen steht: Versicherte müssen alle gesetzlichen, behördlichen und vertraglichen Sicherheitsvorschriften einhalten. Viele Juristen fanden das zu pauschal. Mehrere Gerichte hatten die Klausel als „intransparent“ abgelehnt, zuletzt sogar im Sommer 2024.
Doch nun hat der BGH klargestellt: Diese Klausel ist wirksam und fair – und sie benachteiligt Versicherungsnehmer nicht. Denn, so die Richter: Ein durchschnittlich verständiger Versicherter kann sehr wohl erkennen, was er zu tun und zu lassen hat, wenn es um Sicherheitsvorschriften geht.
Was das bedeutet, zeigt ein Fall, bei dem es um einen Gebäudebrand ging. Der Besitzer hatte an der Fassade einen selbstgebauten Pizzaofen angebracht – hübsch, aber ohne Schornsteinfeger-Abnahme. Auch wenn der Ofen nicht der Auslöser des Brandes war, verweigerte der Versicherer die Schadenzahlung. Die Begründung war: Der Ofen war ein Verstoß gegen Sicherheitsvorschriften, also liegt eine Obliegenheitsverletzung vor.
Quelle: Webinar VEMA eG zu aktuellen BGH-Urteilen 16.07.2025
Das BGH-Urteil sagt nun: Ja, Versicherungen dürfen verlangen, dass Versicherte alle aktuell geltenden Vorschriften beachten – nicht nur die, die beim Vertragsabschluss galten. Das sei keine Schikane, sondern Schutz vor unkalkulierbaren Risiken. Allerdings zählt nicht jede Vorschrift – nur jene, die einen echten Bezug zur versicherten Gefahr haben. Also etwa Brandschutz bei einer Wohngebäudeversicherung.
Vielleicht denken Sie jetzt: das ist sehr verwirrend. Aber bei genauerem Hinsehen ist es nachvollziehbar: Wenn ich eine Feuerversicherung habe, muss ich alles tun, was dem Brandschutz dient – und nichts, was ihn fahrlässig unterläuft. Und wenn Vorschriften da sind – ob vom Gesetzgeber, von der Feuerwehr oder vom Schornsteinfeger – dann sollte ich sie einhalten. Es geht ja auch um den Schutz von meinen Lieben und mir.
Das Urteil schafft Klarheit – auch wenn es streng klingt. Der BGH schützt damit ehrliche und umsichtige Versicherungsnehmer, die sich an die Regeln halten. Diejenigen, die Sicherheitsvorschriften bewusst ignorieren, können sich künftig nicht mehr auf Unwissenheit oder „unklare Klauseln“ berufen.
Was heißt das konkret für Sie? Keine Panik – Sie müssen kein Jurastudium nachholen. Aber wenn Sie bauen oder umbauen: Fragen Sie z.B. bei der Feuerwehr oder dem Schornsteinfeger und lassen Sie dann die Geräte und Anlagen prüfen. Und sprechen Sie mit Ihrem Versicherungsmakler – lieber einmal mehr als zu wenig.
Fazit:
Die Sache mit den Obliegenheiten ist gar nicht so schlimm. Es geht einfach darum, zeitig nachzufragen und Verantwortung zu übernehmen – für sich selbst, für andere und für das, was einem wichtig ist. Die Versicherung ist im Ernstfall für Sie da, wenn die Spielregeln eingehalten werden. Das ist eine gute Nachricht für alle, die lieber vorsorgen statt sich später zu streiten.











