(Teil 3 in einer Beitragsreihe von insgesamt 9 aufeinander aufbauenden Fachbeiträgen zum Thema Liquid Alternatives)

Die letzten Jahre haben es deutlich gezeigt: Krisen gehören zum Finanzmarkt wie das Wetter zum Alltag. Mal scheint die Sonne, mal gibt es Gewitter. Die Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg, Inflationsschübe und Zinsanstiege – all das hat die Märkte durchgeschüttelt. Und eines ist sicher: Die nächste Krise wird kommen. Nicht heute, nicht morgen – aber sie wird kommen. Die Frage ist nur: Wie gut sind Sie darauf vorbereitet?

Was uns die Vergangenheit lehrt

Ein Blick in die Geschichte zeigt ein wiederkehrendes Muster: In echten Krisen versagt die klassische Diversifikation oft genau dann, wenn wir sie am dringendsten brauchen. Warum? Weil in Paniksituationen plötzlich alle Anlageklassen in dieselbe Richtung rutschen – nach unten.

Erinnern Sie sich an März 2020, als die Corona-Krise die Märkte erschütterte? Aktien brachen ein, aber auch vermeintlich sichere Anleihen kamen unter Druck. Sogar Gold gab kurzzeitig nach. Anleger, die auf die klassische Mischung gesetzt hatten, fanden kaum Schutz.

Ähnliches erlebten wir 2022, als steigende Zinsen sowohl Aktien als auch Anleihen gleichzeitig nach unten zogen – ein Szenario, das viele für unmöglich gehalten hatten.

Die Lehre daraus: Echte Krisenfestigkeit erfordert mehr als nur die übliche Mischung aus Aktien und Anleihen.

Warum echte Diversifikation heute anders aussieht

Echte Diversifikation bedeutet, Anlageklassen zu kombinieren, die sich wirklich unabhängig voneinander entwickeln. Genau hier kommen alternative Investments ins Spiel – Anlageformen, die anderen Regeln folgen als traditionelle Märkte.

Betrachten wir einige dieser Alternativen:

Katastrophenanleihen (Cat Bonds) funktionieren völlig unabhängig von Finanzmärkten. Sie zahlen Prämien für die Absicherung gegen Naturkatastrophen wie Hurrikane oder Erdbeben. Ob die Börse steigt oder fällt, spielt für ihre Performance keine Rolle. Was zählt, ist nur, ob bestimmte Naturereignisse eintreten oder nicht.

Volatilitätsstrategien nutzen die Schwankungen an den Märkten, um Erträge zu erzielen. Das Besondere: Sie können gerade dann profitieren, wenn es an den Börsen unruhig wird. In Krisenzeiten, wenn klassische Anlagen leiden, haben diese Strategien oft ihre besten Phasen.

Absolute-Return-Ansätze zielen darauf ab, unabhängig von der Marktrichtung positive Renditen zu erwirtschaften. Sie kombinieren verschiedene Strategien und können sowohl in steigenden als auch in fallenden Märkten Erträge erzielen.

Wie Profis ihr Vermögen schützen

Was viele nicht wissen: Große institutionelle Investoren wie Pensionskassen, Stiftungen und Staatsfonds setzen schon lange auf alternative Anlageklassen. Sie wissen, dass echte Stabilität nur durch echte Unabhängigkeit erreicht wird.

Der norwegische Staatsfonds beispielsweise – mit über einer Billion Euro einer der größten Investoren weltweit – hat sein Portfolio längst um alternative Investments erweitert. Ähnliches gilt für führende Universitätsstiftungen wie Harvard oder Yale, die mit ihren innovativen Anlageansätzen Maßstäbe setzen.

Diese Großinvestoren haben verstanden: Es geht nicht darum, einzelne Krisen vorherzusagen, sondern ein Portfolio zu bauen, das mit verschiedensten Szenarien umgehen kann.

Der erste Schritt zur modernen Portfoliostruktur

Wie können Sie als Privatanleger von diesen Erkenntnissen profitieren? Der Weg ist einfacher, als viele denken:

  1. Machen Sie eine ehrliche Bestandsaufnahme: Wie hat sich Ihr Portfolio in vergangenen Krisen verhalten? Waren Sie mit der Stabilität zufrieden?
  2. Denken Sie über den Tellerrand: Alternative Anlageklassen müssen kein Buch mit sieben Siegeln sein. Es gibt heute regulierte Fonds, die diese Strategien auch für Privatanleger zugänglich machen.
  3. Setzen Sie auf Qualität und Regulierung: Achten Sie auf UCITS-konforme Produkte. Diese unterliegen strengen europäischen Vorschriften zum Anlegerschutz.

Der entscheidende Punkt: Alternative Investments ersetzen nicht Ihre bestehenden Anlagen – sie ergänzen sie. Denken Sie an ein stabiles Haus: Es braucht nicht nur Wände und Dach, sondern auch ein solides Fundament und stützende Säulen.

Praktische Integration alternativer Investments

Für die erfolgreiche Integration alternativer Anlageklassen in Ihr Portfolio sind einige Punkte besonders wichtig:

Gewichtung: Starten Sie mit einem überschaubaren Anteil von 10-20% Ihres Gesamtvermögens. Diese Beimischung kann bereits einen spürbaren Stabilisierungseffekt haben.

Auswahl: Achten Sie auf Transparenz und Verständlichkeit. Sie sollten die grundlegende Funktionsweise der Strategie nachvollziehen können.

Kontinuität: Alternative Investments entfalten ihre Stärken besonders über längere Zeiträume. Geben Sie ihnen Zeit, ihre Wirkung zu zeigen.

Monitoring: Überprüfen Sie regelmäßig, wie sich die neuen Bausteine in Ihrem Gesamtportfolio verhalten. Passen sie zu Ihrer Anlagestrategie?

Eine Alternative ist es, einen Fonds als Kerninvestment zu erwerben, der für Sie bereits auch die alternativen Investments enthält und bei dem der Fondsmanager die beste Auswahl vorgenommen hat,

Der richtige Zeitpunkt

Wann ist der beste Moment, um alternative Anlageklassen ins Portfolio zu integrieren? Die Antwort mag überraschen: Es ist jetzt.

Viele Anleger warten auf den „perfekten Moment“ – nach einer Krise oder vor dem nächsten Aufschwung. Doch genau wie bei traditionellen Investments ist Timing schwierig bis unmöglich. Wichtiger als der Einstiegszeitpunkt ist die strategische Ausrichtung mit langfristiger Perspektive.

Denken Sie daran: Alternative Investments sind keine taktische Positionierung, sondern ein strategischer Baustein für mehr Stabilität in allen Marktphasen.

Die nächste Krise wird kommen – die Frage ist nur wann. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Portfolio dann besser vorbereitet ist als beim letzten Mal. Moderne Anlagekonzepte machen es möglich.

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Stefan Toetzke
Stefan Toetzke ist ein renommierter Experte im Derivatehandel mit über drei Jahrzehnten Erfahrung. Seine Karriere begann 1989 im Optionshandel bei der DG Bank, parallel zum Start der Deutschen Terminbörse. Seit 1991 ist er für die heutige Eurex tätig, wo er Börsenteilnehmer und Kunden in den Feinheiten des Derivatehandels schult, einschließlich Themen wie Rollen und Kapitalmaßnahmen. Ab 1993 vermittelte er weltweit die Eurex-Händlerprüfung und lehrt Derivate in Zertifizierungskursen der Bankakademien. Zudem schult er Institutionen wie die Bundesbank, die BaFin und Fachabteilungen von Banken. Sein Fachwissen erstreckt sich über zahlreiche weitere Themen wie ETFs, Repo/Wertpapierleihe und Risikomanagement. Seit Ende 2019 berät Stefan Toetzke zudem den Multi-Asset-Investmentfonds "Diversified Risk & Return" sowie seit 2025 den Fonds "Diversified Risk & Return alpha+"