(Teil 1 in einer Beitragsreihe von insgesamt 9 aufeinander aufbauenden Fachbeiträgen zum Thema Liquid Alternatives)

Die Grundlagen erfolgreicher Geldanlage haben sich über Jahrzehnte bewährt: Ein solides Kernportfolio aus hochwertigen Aktien und Anleihen bildet das Fundament für langfristigen Vermögensaufbau. Doch in der heutigen, komplexen Finanzwelt stößt selbst das beste traditionelle Portfolio an Grenzen. Die entscheidende Frage lautet: Wie können wir ein solides Kernportfolio so ergänzen, dass es auch künftigen Herausforderungen gewachsen ist?

Das bewährte Fundament: Traditionelle Anlagen

Beginnen wir mit dem Offensichtlichen: Qualitätsaktien und solide Anleihen bleiben unverzichtbare Bausteine jedes langfristigen Portfolios. Die Vorteile sind bekannt:

Aktien bieten langfristig die besten Renditeperspektiven und einen gewissen Inflationsschutz. Breit gestreute, globale Aktienportfolios haben über längere Zeiträume Renditen von durchschnittlich 7-9% pro Jahr erwirtschaftet.

Anleihen sorgen traditionell für Stabilität und regelmäßige Erträge. Sie gleichen Schwankungen bei Aktien aus und bilden einen wichtigen Sicherheitsanker im Portfolio.

Diese Kombination hat sich über Jahrzehnte bewährt und ist zu Recht der Kern vieler Anlagestrategie. Der klassische Mix aus 60% Aktien und 40% Anleihen galt lange als die goldene Formel der Geldanlage.

Die neuen Herausforderungen

Doch die Finanzwelt hat sich verändert. Besonders die Jahre 2022/23 haben die Grenzen traditioneller Portfolios deutlich aufgezeigt. Erstmals seit Jahrzehnten gerieten Aktien und Anleihen gleichzeitig unter Druck – ein Szenario, das viele für unmöglich gehalten hatten.

Diese Entwicklung ist kein Zufall, sondern spiegelt strukturelle Veränderungen wider:

  • Globalisierte Finanzmärkte mit erhöhten Ansteckungsrisiken
  • Veränderte Zinslandschaft nach Ende der Niedrigzinsphase
  • Neue geopolitische Herausforderungen
  • Technologischer Wandel und Disruption
  • Klimawandel und seine wirtschaftlichen Folgen

In diesem neuen Umfeld reicht selbst das beste traditionelle Portfolio nicht mehr aus, um optimalen Schutz und ausgewogene Renditechancen zu bieten.

Die entscheidende Ergänzung: Liquid Alternatives

Hier kommen alternative Anlageklassen ins Spiel – nicht als Ersatz, sondern als wertvolle Ergänzung des traditionellen Kernportfolios. Diese „Liquid Alternatives“ bieten drei entscheidende Vorteile:

1. Echte Diversifikation
Alternative Investments folgen anderen Mustern als traditionelle Anlagen. Sie reagieren unterschiedlich auf wirtschaftliche Entwicklungen, Zinsschwankungen oder Marktkrisen. Diese geringe Korrelation ist der Schlüssel zu echter Diversifikation – über die klassische Aktien-Anleihen-Mischung hinaus.

2. Zusätzliche Renditequellen
Alternative Anlageklassen erschließen Ertragsquellen, die unabhängig von steigenden Aktien- oder Anleihekursen funktionieren. Sie können auch dann positive Renditen erwirtschaften, wenn traditionelle Märkte stagnieren oder fallen.

3. Verbesserte Risikoeigenschaften
Die Kombination traditioneller und alternativer Anlagen kann die Schwankungsanfälligkeit des Gesamtportfolios reduzieren, Maximalverluste begrenzen und die Stabilität in Krisenzeiten erhöhen.

Die wichtigsten ergänzenden Bausteine

Besonders wertvoll für die Ergänzung eines soliden Kernportfolios sind:

Volatilitätsstrategien

  • Systematische Vereinnahmung von „Versicherungsprämien“ am Markt
  • Negative Korrelation zu Aktien in Krisenzeiten
  • Stabilisierende Wirkung gerade bei Marktturbulenzen

Katastrophenanleihen (Cat Bonds)

  • Versicherung gegen Naturkatastrophen
  • Völlige Unabhängigkeit von Finanzmärkten
  • Stabile Erträge unabhängig von Konjunktur oder Zinsentwicklung

Absolute-Return-Ansätze

  • Marktneutrale Strategien
  • Fokus auf stabile Erträge in allen Marktphasen
  • Reduzierte Abhängigkeit von der allgemeinen Marktrichtung

Inflationsgeschützte Anleihen

  • Direkter Schutz vor Kaufkraftverlust
  • Besonders wertvoll in Hochinflationsphasen
  • Ergänzung zu traditionellem Anleiheschutz

Der wissenschaftliche Hintergrund

Die Vorteile dieser Kombination sind nicht nur theoretisch, sondern empirisch belegt. Nobelpreisträger Harry Markowitz zeigte bereits 1952 in seiner „Modern Portfolio Theory“, dass die optimale Mischung verschiedener Anlageklassen entscheidend für das Risiko-Rendite-Profil ist.

Neuere Forschungen bestätigen: Portfolios, die neben traditionellen auch alternative Anlagen enthalten, weisen bessere Kennzahlen auf:

  • Höhere Sharpe-Ratios (Rendite pro Risikoeinheit)
  • Geringere maximale Drawdowns (Verlustphasen)
  • Stabilere langfristige Ergebnisse

Praktische Umsetzung: Das optimale Kernportfolio

Ein modernes, zukunftssicheres Kernportfolio könnte wie folgt aufgebaut sein:

Traditionelle Anlagen

  • Globale Qualitätsaktien
  • Hochwertige Staatsanleihen

Liquid Alternatives

  • Kreditrisioprämien
  • Volatilitätsstrategien
  • Versicherungsprämien
  • Absolute-Return-Ansätze

Inflationsschutz

  • Inflationsgeschützte Anleihen
  • Gold
  • Bitcoin

Diese Mischung behält die bewährten Stärken traditioneller Anlagen bei, ergänzt sie aber um wichtige Komponenten, die das Gesamtportfolio widerstandsfähiger und ausgewogener machen.

Die Rolle professioneller Lösungen

Die erfolgreiche Integration alternativer Anlageklassen erfordert spezialisiertes Know-how. Für die meisten Privatanleger führt der Weg über professionell gemanagte Fondslösungen, die traditionelle und alternative Strategien unter einem Dach vereinen.

Wichtige Auswahlkriterien sind:

1. Regulatorischer Rahmen

  • UCITS-Konformität für maximale Sicherheit
  • Europäische Regulierung mit höchsten Standards
  • Tägliche Liquidität und Transparenz

2. Erfahrenes Management

  • Nachgewiesene Expertise in allen eingesetzten Strategien
  • Langjährige Erfahrung über verschiedene Marktzyklen
  • Wissenschaftlich fundierter Ansatz

3. Kosteneffizienz

  • Faire Gebührenstruktur
  • Keine versteckten Kosten
  • Angemessenes Verhältnis von Kosten und Mehrwert

Langfristige Perspektive entscheidend

Wie bei jeder Anlagestrategie ist Geduld ein wichtiger Erfolgsfaktor. Ein optimal diversifiziertes Kernportfolio entfaltet seine Stärken besonders über längere Zeiträume. Ein Anlagehorizont von mindestens 5 Jahren ist empfehlenswert, um kurzfristige Marktschwankungen aussitzen zu können.

Die richtige Einstellung ist dabei entscheidend: Alternative Anlageklassen sind keine taktischen Positionen für kurzfristige Marktmeinungen, sondern strategische Bausteine für langfristige Stabilität.

Fazit: Das Beste aus beiden Welten

Ein wirklich zukunftssicheres Kernportfolio verbindet das Beste aus traditionellen und alternativen Anlagen. Es behält die bewährten Stärken klassischer Investments bei, ergänzt sie aber um wichtige Komponenten, die zusätzliche Stabilität und unabhängige Renditequellen bieten.

In einer zunehmend komplexen Finanzwelt ist diese Kombination nicht mehr optional, sondern notwendig für optimalen Vermögensschutz und ausgewogene Renditechancen. Die gute Nachricht: Moderne Investmentlösungen machen es heute für jeden möglich, von dieser professionellen Kombination zu profitieren.

Überprüfen Sie Ihr bestehendes Portfolio kritisch: Ist es wirklich optimal diversifiziert? Enthält es nicht nur verschiedene Aktien und Anleihen, sondern auch echte alternative Komponenten? Ein „Ja“ auf diese Fragen ist der erste Schritt zu einem wirklich zukunftssicheren Kernportfolio.

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Stefan Toetzke
Stefan Toetzke ist ein renommierter Experte im Derivatehandel mit über drei Jahrzehnten Erfahrung. Seine Karriere begann 1989 im Optionshandel bei der DG Bank, parallel zum Start der Deutschen Terminbörse. Seit 1991 ist er für die heutige Eurex tätig, wo er Börsenteilnehmer und Kunden in den Feinheiten des Derivatehandels schult, einschließlich Themen wie Rollen und Kapitalmaßnahmen. Ab 1993 vermittelte er weltweit die Eurex-Händlerprüfung und lehrt Derivate in Zertifizierungskursen der Bankakademien. Zudem schult er Institutionen wie die Bundesbank, die BaFin und Fachabteilungen von Banken. Sein Fachwissen erstreckt sich über zahlreiche weitere Themen wie ETFs, Repo/Wertpapierleihe und Risikomanagement. Seit Ende 2019 berät Stefan Toetzke zudem den Multi-Asset-Investmentfonds "Diversified Risk & Return" sowie seit 2025 den Fonds "Diversified Risk & Return alpha+"