Die „Everything Bubble“ – Warum es sich lohnt, Geduld zu haben und nicht der Masse zu folgen
Aktuell erleben wir eine besondere Phase an den Finanzmärkten: fast alles – Aktien, Anleihen, Beteiligungen, Edelmetalle, selbst die spekulativsten Kryptowährungen – scheint immer weiter im Wert zu steigen. Es wirkt, als gäbe es keine Risiken mehr. Viele Anleger sind sorglos, folgen Trends in den sozialen Medien und jagen den Themen nach, über die gerade alle sprechen – besonders rund um Künstliche Intelligenz. Diese Sorglosigkeit und das fast schon reflexartige Herdenverhalten mahnen zur Vorsicht.
Die Märkte wirken wie im Rausch: Social-Media-Trends ersetzen sorgfältige Analyse, ETF-Ströme und die Faszination für die „Magnificent 7“ lenken Kapital fast automatisch in dieselben Richtungen. Eigene Überlegungen? Nicht mehr nötig – das macht jetzt angeblich die KI.
Das „Investieren” hat aktuell seine ursprüngliche Bedeutung fast vollständig verloren und umfasst nun alle Arten von Spekulationen. Der einfache Zugang zu Marktdaten über das allgegenwärtige Smartphone hat zu enormen, von Social-Media-Memes getriebenen Aktienkursbewegungen geführt.
Wir leben in einer Welt der Gamifizierung von Investitionen, die Anlegern eine Vielzahl esoterischer Dinge zum Wetten bietet, nicht nur Aktien und Anleihen, sondern auch exotische ETF-Produkte und Zertifikate. Der Versuch, Kursbewegungen auf der Grundlage des kurzfristigen Verhaltens anderer Marktteilnehmer vorherzusagen, oder der Kauf aller verfügbaren Anlagen über einen Indexfonds hat wenig mit echter Vermögensanlage zu tun.
Was wir gerade erleben, ist eine sogenannte „Everything Bubble“. Das bedeutet: viele Anlageklassen sind sehr hoch bewertet – oft deutlich höher, als es die wirtschaftlichen Grundlagen rechtfertigen würden. Es erinnert an frühere Phasen in der Geschichte, in denen Anleger Warnungen ignorierten, weil „diesmal alles anders“ schien. Doch am Ende platzte auch damals die Blase – oft schmerzhaft.
Heute wird kaum noch hinterfragt. Viele Empfehlungen wiederholen sich einfach – in Fernsehbeiträgen, Research-Berichten und Online-Artikeln. Statt nachzudenken, wird kopiert. Statt zu analysieren, wird gehofft. Viele Anleger folgen blind der Masse – aus Angst, etwas zu verpassen. Wer sich davon nicht mitreißen lässt, gilt schnell als altmodisch oder „nicht dabei“. Und wer mit einem vorsichtigen, unabhängigen Ansatz kurzfristig schlechter abschneidet als der Markt, fühlt sich schnell als Verlierer.
Aber das Gegenteil ist der Fall.
Wer sich dem entzieht und den Mut hat Research nicht als Konsensbestätigung, sondern als kritische Auseinandersetzung zu verstehen, dem bleibt oft nur eines: Geduld. Und genau diese Geduld ist es, die langfristig den Unterschied macht.
In heutigen Märkten gibt es niemals Stillstand; die Gelegenheit in Ruhe über etwas nachzudenken ist nahezu unmöglich. Man ist ein Getriebener: die Ticker pausieren nie; Nachrichten rund um die Uhr verfügbar; immer mehr computergetriebene Handelsprogramme, die vorhandene Trends noch verstärken. Auch hier keine Zeit oder auch keine Lust, diese Trends zu Hinterfragen.
Aber genau diese Ruhe, die Fähigkeit von diesem ganzen „Getöse“ einen Schritt zurückzutreten, unterscheidet den Investor vom Spekulanten. Zeit fernab von Bildschirmen und Nachrichten ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Zeit, um zu hinterfragen, ob die Logik unserer Thesen noch zutrifft.
Denn echtes Investieren heißt nicht, jedem Trend hinterherzulaufen. Denn nachhaltige Performance entsteht nicht durch kurzfristige Popularität, sondern durch Überzeugung, Qualität und Unabhängigkeit. Es bedeutet, ruhig zu bleiben, wenn andere nervös werden. Es bedeutet, sich auf qualitativ hochwertiges Research zu stützen und mit erfahrenen Beratern zu arbeiten, die nicht einfach das wiederholen, was gerade „in“ ist – sondern die kritisch denken, Zusammenhänge verstehen und langfristig planen; nicht aus Prinzip, sondern aus Überzeugung.
Unabhängiges Denken bedeutet jedoch nicht, sich überlegen zu fühlen, sondern ehrlich die eigenen Grenzen anzuerkennen. Und es bedarf Mut. Sich abzuheben ist selten einfach, sich gegen den Markt zu stellen um seiner selbst willen ist nur eine Erfindung, aber echte Unabhängigkeit führt oft weg von der Masse.
Diese Vorgehensweise kann bedeuten, dass man eine Zeit lang schlechter abschneidet als andere. Doch diese Phase ist oft der Preis für langfristigen Erfolg. Wer heute bereit ist, klug und unabhängig zu handeln – selbst wenn es kurzfristig nicht belohnt wird – hat in der Vergangenheit oft die besten Ergebnisse erzielt, sobald die Euphorie vorbei war. Denn wenn der Lärm verklungen ist und sich die Märkte wieder an Fundamentaldaten orientieren, schlägt die Stunde jener Investoren, die ihre Hausaufgaben gemacht haben – fernab des Lärms, mit einem klaren Blick und einem disziplinierten Ansatz.
Fazit
Die aktuellen Märkte wirken oft wie ein Spiel, bei dem alle gewinnen – bis es plötzlich kippt. Die Blase kann leise platzen oder laut: wann das passiert, weiß niemand. Was wir aber kontrollieren können, ist unsere Haltung: Ruhe, Qualität und langfristiges Denken zahlen sich aus. Es braucht Mut, heute nicht mitzulaufen. Aber wer bereit ist, längerfristig zu denken, eigene Thesen zu hinterfragen und sich auch in Phasen der Underperformance nicht vom Weg abbringen lässt, wird mit größerer Wahrscheinlichkeit überdurchschnittliche Ergebnisse erzielen – nicht durch Glück, sondern durch fundierte Überzeugung.









